Über 180 Fälle innerhalb der letzten 2 Jahre: BKA- und GEMA-Trojaner
GRONAU – Plötzlich erscheint auf dem Computer-Bildschirm ein Warnhinweis der Verwertungsgesellschaft GEMA. Nichts geht mehr: Der Zugriff auf den Windows-Desktop und die
Funktionen des Betriebssystems sind blockiert. Laut Warnung sind auf dem PC „illegal heruntergeladene Musikstücke“, also Raubkopien, gefunden worden. Dem Nutzer drohe eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Freigeben will die vermeintliche Behörde den PC nur gegen eine Zahlung von 50 Euro über einen so genannten Paysafe-Kartencode.
Doch hinter der vermeintlichen Behörde, die zur Zahlung auffordert, verbergen sich Trickbetrüger. Es handele sich um eine Variante des hartnäckigen Bundeskriminalamts-Trojaners. „Beide setzen auf Einschüchterung und das
schlechte Gewissen der Nutzer. Und die vermeintliche Bundespolizei fordert sogar 100 Euro als Lösegeld“, informiert
Computer-Spezialist Hamadi Grote, der seit acht Jahren seine Computer-Fachhandel H.E.F. an der Hauptstraße betreibt. Mehr als 180 Fälle des so genannten Trojaners hat er in den vergangenen 2 Jahren bearbeitet. „Es gibt immer solche Stoßzeiten“, teilt der 39-jährige Gronauer mit: Das liege vor allem daran, dass viele Nutzer sich nicht
die aktuellen Updates herunterladen. Die Folge: Es entstehen Sicherheitslücken, die solche Trojaner ausnutzen. Zudem empfiehlt der Computer-Spezialist „ein gutes Virenprogramm“, nicht aber ein kostenfreies. Denn: Diesen
Produkten fehle oft etwas Entscheidendes. Der Nutzer fühle sich zwar sicher, ist vor Viren aber gar nicht
vollständig geschützt. Wie er aus eigener Erfahrung berichtet, kommt es noch immer „sehr häufig“ vor, dass PC-Nutzer auf einen vernünftigen Viren-Schutz verzichten. „Es ist wie mit einer Versicherung – so lange nichts passiert, ist alles gut. Aber wenn doch…“ Wer sich den Trojaner eingefangen hat, sollte keineswegs aber der Zahlungsaufforderung nachkommen. Wie der Gronauer informiert, haben mehrere Kunden die durch den Trojaner
geforderten 100 Euro überwiesen. Das aber brachte keinen Erfolg: „Der Trojaner blieb auf dem Computer.“ Sowohl der GEMA- als auch der BKA-Trojaner sind besonders hartnäckig: Die Programme schalten die Benutzeroberfläche
von Windows ab, was es schwer macht, die dreisten Erpresser aus dem System zu schmeißen. „Mit normalen
Kenntnissen ist das so gut wie unmöglich“, meint Hamadi Grote. Ihm ist es in seiner Werkstatt bisher
stets gelungen, die Trojaner zu entfernen: „Wir bauen teilweise die Festplatten aus, durchsuchen die Daten an externen Sytemen und entfernen
den Trojaner.“ Wichtig ist ihm, dass niemand das geforderte Lösegeld tatsächlich überweist, vielmehr sollten Betroffene professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Bei Zahlungsaufforderungen via Internet
sollten Nutzer sofort misstrauisch werden. Auch die GEMA verfolge weder Raubkopierer noch würde die Gesellschaft einen digitalen Zahlkarten-Dienst nutzen.